Wie können Schwingungs- und Erschütterungsprobleme vermieden werden?

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Die Berücksichtigung von Schwingungs- und Erschütterungsaspekten eines Bauwerks muss bereits in der frühsten Planungsphase beginnen. Frühzeitige Abstimmung zwischen Bauherr, Architekt, Bauingenieur, Fachplaner und Nutzer ist dabei unerlässlich. Nur wenn von Anfang an geprüft wird, ob potenziell kritische Schwingungsquellen oder empfindliche Bereiche im Gebäude vorliegen, lassen sich Probleme mit überschaubarem Aufwand vermeiden. Werden Schwingungsprobleme erst nach Fertigstellung erkannt, sind sie oft nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand oder gar nicht mehr zu lösen.

Frühzeitige Abklärungen und Nutzungsvereinbarung
Zu Beginn des Projekts sollte gemeinsam ermittelt werden, welche Anforderungen an die zulässigen Schwingungs- und Erschütterungsstärken bestehen. Dabei empfiehlt es sich, nicht automatisch ganze Geschossflächen gleichermassen zu bewerten, sondern gezielt Zonen festzulegen, in denen besondere Anforderungen gelten (z. B. Labor- oder Technikbereiche). In der Nutzungsvereinbarung Tragwerk werden diese Anforderungen dokumentiert und verbindlich gemacht. Wichtig dabei ist auch, dass festgehalten wird welche Quellen dabei zu berücksichtigen sind.

Einfache und nachvollziehbare Simulationen
Für die Abschätzung von Schwingungsamplituden sind physikalisch verständliche Modelle oft wirksamer als hochkomplexe Simulationen, die jedes Detail nachbilden. Vereinfachte Modelle ermöglichen rasches Iterieren, zeigen die dominierenden Einflussgrössen und verhindern den Schein einer unfehlbaren Genauigkeit. Sobald grobe Abschätzungen die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen signalisieren, können detailliertere Untersuchungen oder Messprogramme ausgelöst werden.

Räumliche Trennung und Fundationsnutzung
Da Schwingungsenergie mit der Distanz abnimmt, ist eine räumliche Trennung von Quelle und empfindlichem Empfänger stets anzustreben. Idealerweise befinden sich Anregungsquelle und die erschütterungsempfindlichen Bereiche oder Anlagen nicht auf derselben Geschossdecke und wenn möglich nicht einmal im gleichen Bauwerk. Bodenplatten bieten sich als Aufstellflächen an: Die Schwingungsenergie wird in den Baugrund abgestrahlt, statt sich in frei schwingenden Deckenfeldern auszubreiten.

Steifigkeit, Masse und Abstimmung
Bauteile mit hoher Steifigkeit und grosser Massenträgheit neigen zu niedrigeren Schwingungsamplituden als schlanke Leichtbaukonstruktionen. Durch gezielte Kombination von Masse und Steifigkeit lässt sich die Eigenfrequenz eines Elements ober- oder unterhalb der Anregungsfrequenz verschieben (Hoch- bzw. Tiefabstimmung). So werden Resonanzfälle vermieden und Probleme minimiert.

Passive und aktive Entkopplung
Die elastische Entkopplung von Erschütterungsquellen oder empfindlichen Empfängern gehört zu den effizientesten Massnahmen: Geräte oder Anlagenteile werden auf Stahlfedern oder Gummielemente gesetzt, deren Steifigkeit und Masse auf die Störfrequenzen abgestimmt sind. Zusätzlich gelagerte Massen begrenzen zudem die Bewegung der gelagerten Anlage. In anspruchsvollen Laborumgebungen sind aktive Lagerungen mit integrierten Sensoren und Aktuatoren inzwischen Standard, um auch tieffrequente Schwingungen wirkungsvoll zu kompensieren.

Schwingungstilger
Insbesondere bei eindimensionalen Bauwerken wie Fussgängerbrücken, Hochhäusern oder Sprungtürmen kommen häufig Schwingungstilger zum Einsatz. Ein solcher Tilger besteht aus einer kleinen Zusatzmasse (wenige Prozent der Bauwerksmasse), einer Feder und einem Dämpfer. Das System Feder und Zusatzmasse wird so abgestimmt, dass die resultierende Eigenfrequenz nahe an derjenigen des Bauwerks liegt. Innerhalb dieses engen Frequenzbandes reduziert der Tilger Schwingungsamplituden besonders effektiv.

Da dynamische Simulationen oft mit Annahmen und teilweise mit Erfahrungswerten (zum Beispiel für die Dämpfung) gemacht werden und damit eine entsprechende Unsicherheit vorliegt, wird oft erst nach der Fertigstellung des Bauwerks anhand von Messungen entschieden, ob Tilger installiert werden. Daher sollen notwendige Befestigungspunkte bereits in der Planung vorgesehen werden.

Fazit
Die vorgestellten Massnahmen – von der frühzeitigen interdisziplinären Abstimmung über einfache Simulationen bis hin zu Entkopplungs- und Tilgerkonzepten – sind wirksam, aber jeweils begrenzt. Verlassen kann man sich nie darauf, dass eine einzelne Massnahme alle Schwingungsprobleme löst. Umso wichtiger ist es, schon in der Planungsphase das Risiko systematisch zu untersuchen, geeignete Konzepte zu entwickeln und verbindlich in der Nutzungsvereinbarung festzulegen. So lassen sich Schwingungs- und Erschütterungsprobleme kontrollieren und vermeiden, bevor sie zu kosten- oder funktionskritischen Störfällen werden.

 

Beitrag basierend auf dem Faltblatt „Schwingungs- und Erschütterungsprobleme bei Bauwerken“ von der Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen: https://www.baudyn.ch/ und dem Bundesamt für Umwelt: https://bafu.admin.ch/